Tipp zur Prüfungsvorbereitung: effektives Lesen lernen

Aktualisiert am 1. Februar 2023 von Ömer Bekar

„Zeit ist Geld“ – davon kann so mancher Berufstätige ein Lied singen. Während Schule, Studium oder einer Weiterbildung ist meist beides knapp: Zeit und Geld. Gegen chronische Ebbe im Portemonnaie hilft nur eins: ein Nebenjob.

Und das Zeitproblem kann mit effektivem Zeitmanagement zumindest gelindert werden. Doch es gibt auch einen ganz praktischen Tipp, um Zeit zu sparen: effektives Lesen! Da während Aus- und Weiterbildung die meiste Zeit fürs Lesen und Büffeln draufgeht, ist effektives Lernen eine sinnvolle Fähigkeit, um sich schnell auf eine Prüfung vorzubereiten.

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Zunächst einmal muss mit einem umstrittenen Thema aufgeräumt werden: das Schnell-Lesen. Schnell zu lesen bedeutet zwar, einen Text schnell mit den Augen zu durchfahren, aber die Menge an Wissensgehalt, die dabei hängen bleibt oder vielmehr noch im Anschluss daran reproduzierbar ist (beispielsweise für eine Prüfung), differiert je nach Leser. Jeder Mensch hat sein eigenes, individuelles Lesetempo in dem er effektiv liest. Deswegen ist es wohl sinnvoll, schnelles Lesen zu trainieren – aber nicht sich der Illusion hinzugeben, dass Schnelligkeit und Effizienz zwingend zusammenhängen.

Fünf Tipps zu effektiverem Lesen

Wer sich gedanklich davon befreit, Effektivität mit Schnelligkeit gleichzusetzen, der kann die folgenden Tipps auch gut umsetzen:

  1. Malen und schreiben Der älteste Tipp von allen ist sicherlich, wichtige Argumente anzustreichen oder gar herauszuschreiben. Aber Achtung, beide Varianten haben eine unterschiedliche Erfolgsquote: Wer Inhalte anstreicht, kann beim nochmaligen Lesen schneller erfassen, was wichtig ist. Wer Notizen macht, muss das Buch nicht noch einmal lesen und kann auf Basis der Notizen lernen.
  2. Definieren Sie Ihr ZielDer Mensch verfügt über eine spannende Filterfunktion: Ist ihm bewusst, dass ein Thema für ihn von Relevanz ist, so kann er fast unmerklich das menschliche Auge darauf lenken, das heißt in der Praxis: Wer die Fragen formuliert, die man an den Lern- bzw. Lesestoff hat, wird auch Antworten finden. Ein Vergleich: Wer die Urlaubsreise nach Italien bucht, lenkt sein Gehirn automatisch darauf, all die Informationen sichtbar zu machen, die in Zeitungen zum Thema Italien stehen. Geht es nach Griechenland, rücken Thema zu diesem Land in den Fokus. Das bekannt Ihnen bekannt vor? Richtig, in der Internetwelt nennt sich das „behavioral targeting“.
  3. Schaffen Sie eine entspannte Lese-Atmosphäre Rein wissenschaftlich betrachtet produziert das menschliche Gehirn sogenannte Alpha-Frequenzen, wenn es entspannt ist. Und genau diese sind wichtig, um Informationen nicht nur aufzunehmen, sondern auch verarbeiten zu können. Eine entspannte Lese-Atmosphäre und damit eine angenehme Heimat für Alpha-Wellen provozieren Sie, indem Sie Atemübungen machen, den Blick lockern und langsam rückwärts zählen. Wer sich bewusst ist, nach dem einmaligen Lesen eines Buches dieses nicht auswendig herunterbeten zu können, der befolgt ganz automatisch die „Entspannungsregel“, denn er setzt sich nicht unter Druck. Sinnvoller ist es, darauf zu vertrauen, dass Geist und Unterbewusstsein gut funktionieren – und die wichtigen Inhalte herausfiltern.
  4. Fachbuch oder Unterhaltungslektüre – das ist der Unterschied Der grundsätzliche Unterschied liegt darin, dass Unterhaltungslektüre gut gelesen werden kann, wenn vorne begonnen und am Ende aufgehört wird. Bei einem Fachbuch funktioniert das nicht. Hier sollten Sie die folgende Reihenfolge einhalten:
    4.1. Buch überfliegen
    4.2. Klappentext lesen
    4.3. Inhaltsverzeichnis lesen
    4.4. Lesereihenfolge festlegen
    4.5. im Kapitel zunächst Headline, Zwischenüberschriften, Kästchen, Marginalien und Grafiken lesen, dann entscheiden, ob der Inhalt des Kapitels zielführend ist
  5. Mit Augentraining mehrere Worte auf einen Streich erfassen Wer Multitasking beherrscht, spart Zeit. Und so ist es auch beim Lesen. Wer mehrere Worte auf einmal lesen kann, der spart Zeit, deswegen sollte das Auge so trainiert werden, dass es nicht von Wort zu Wort, sondern von Wortgruppe zu Wortgruppe „springt“ und dabei gleich ein kleines Bündel an Worten erfasst. Tipp: Wer seine Augen auf das Erfassen von Wortgruppen hin trainieren will, kann sich mit einem einfachen Trick behelfen: Zeichnen Sie vertikal verlaufende Striche auf der zu lesenden Seite ein. Diese Striche markieren die Grenzen der Wortgruppen. Beginnen Sie mit mehreren Strichen und lassen Sie von Seite zu Seite mehr Striche weg. Ach übrigens: Zurückspringen und laut Vorlesen ist nicht erlaubt, denn das kostet Zeit!

Trendbericht: Schnelllese-Apps

Natürlich haben sich auch Software-Entwickler überlegt, wie das Schnelllese-Prinzip technisch unterstützt werden kann. Das Resultat: Es sind mobile Applikationen entstanden, die Schnelllesen fördern sollen. Die meisten bedienen sich zweier Prinzipien: 1.) das Rapid Serial Visuel Presentation-Prinzip, kurz: RSVP, und 2.) der Positionierung auf dem Optimal Recognition Point. Beides zusammen bedeutet, dass Worte an derselben Stelle eingeblendet werden und diese Stelle der Punkt ist, an dem das menschliche Auge am schärfsten sieht. Wissenschaftler sehen kritisch auf diese Innovationen, denn in der Praxis werde die Zeit nicht damit verschwendet, dass sich das Auge bewegt, sondern die Informationsverarbeitung des Gelesenen ist der eigentliche Zeitfresser.

Hintergrund: die wissenschaftliche Basis

Oft hängt es von der aktivierten Hirnhälfte ab, ob und wie effektiv gelernt werden kann.

Paul Scheel hat ein Konzept zum „Photoreading“ aufgesetzt, Evelyn Wood nannte ihr Prinzip „Reading Dynamics“. Das Ziel beider Ansätze ist es, in kürzester Zeit mehr Inhalt zu erfassen. Wissenschaftler sind sich uneinig, doch sehen sie die Gefahr des Informationsverlustes je schneller ein Text gelesen wird. Schneller lesen werde einem bei diesen Methoden zwar auch gelernt, doch beruhe die erhöhte Geschwindigkeit auch auf dem Übungseffekt.

Vergleichsweise neu ist das „Quantum Speed Reading“. Danach werden die Inhalte mit der rechten Gehirnhälfte erfasst, die eigentlich nicht für das Schnelllesen, sondern eher für die Bildsprache zuständig ist. Darin liegt auch der Name begründet, denn der Inhalt wird als Gedankenschwingung begriffen und in Farben und Bilder umgesetzt. Die „Entdeckerin“ dieser Methode, Yumiko Tobitani, die nicht nur im Kleinkindbereich, sondern auch als Autorin tätig ist, hat daneben auch das Rechtshirn-Schnellrechensystem beschrieben sowie das Rechtshirn-Einpräge-Sinnesschulungs-Programm aufgestellt.

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