Ich bekomme bei der Fahrprüfung Prüfungsangst – was soll ich tun?

Aktualisiert am 1. Februar 2023 von Ömer Bekar

Beim Abbiegen fliegen ihre langen Haare, denn sowohl der Blick in die Innen- und Außenspiegel als auch über die Schulter kann die 20-jährige Sabine nun schon im Schlaf.

Und natürlich hält sie das Tempolimit ein und kann einparken wie ein Profi. Dass Sabine alles beherrscht, was zur Fahrprüfung nötig ist, weiß auch ihr Fahrlehrer – doch dennoch: Sabine fällt jedes Mal durch die Fahrprüfung. Der Grund: Sie hat panische Prüfungsangst.

Bei Sabine liegt es wohl nicht an der Prüfungsvorbereitung und auch nicht am Können, denn ohne sicher zu sein, dass sie die Qualifikation zum Fahren hat, hätte ihr Fahrlehrer sie auch nicht angemeldet. Auch hat es die 20-Jährige schon gefühlt mit jeder Entspannungsmethode probiert, über die sie sich informiert hat, doch sobald der Prüfer auf der Rücksichtsbank im Fahrschulauto Platz nimmt, fliegen die Horrorszenarien vor ihrem virtuellen Auge und es folgt: der Blackout. Medikamente möchte sie nicht nehmen und so wandte ihr Fahrlehrer einen pfiffigen Trick an.

„Ich sagte Sabine nichts davon, aber mir war klar, dass zu jeder folgenden Fahrstunde ein weiterer Insasse auf der Rücksichtsbank Platz nehmen würde, der potentiell auch ein Prüfer sein könnte, aber natürlich keiner wahr, um nicht die Gebühren in horrende Höhe zu treiben“, verrät der Fahrlehrer seinen Trick. Diese Idee hatte er von einer Verhaltenstherapeutin erhalten, denn sie riet, Sabine mit der ängstigenden Situation zu konfrontieren – solange bis die Situation nicht mehr als beängstigend empfunden wird. Und siehe da: Es klappte. Doch nun der Reihe nach.

1.) „Beifahrer“-Nummer 1 war der Nachbar des Fahrlehrers. Er nahm auf dem Rücksitz Platz, begrüßte Sabine und ließ anschließend kein Wort mehr verlauten. Und Sabine reagierte wie befürchtet: Sie vergaß die Kupplung zu treten, holperte mehr vom Parkplatz und übersah zu allem Überfluss beinahe den Fahrradfahrer, der vorbeihuschte. Genug der Panik. Der Nachbar des Fahrlehrers gab seine wahre Identität preis. Sabine schimpfte zwar – anstatt wie sonst resigniert aus dem Auto zu steigen – aber sie fuhr weiter. Perfekt wie immer chauffierte sie des Fahrlehrers Nachbar ins Einkaufszentrum. 2.) „Beifahrer“-Nummer 2 war der Bruder des Fahrlehrers. Irritiert sah Sabine von ihrem Fahrlehrer zum „Beifahrer“ – bis sie lauthals lachte. „Ihr seht euch zu ähnlich, seid ihr etwa verwandt?“ platze es aus ihr heraus. Nach wie vor nervös, sich zu blamieren, fuhr sie ihre Fahrstunde – und Fahrlehrer und dessen Bruder nutzen die Zeit für einen Plausch. 3.) „Beifahrer“-Nummer 3 war ein ehemaliger Schüler des Fahrlehrers. Sabine begrüßte ihn mit einem freundlichen „Hallo“ ihrerseits und fragte, wohin „Taxi Sabine“ denn steuern sollte. Der ehemalige Schüler des Fahrlehrers lotste sie gekonnt durch die Stadt, ließ sie am Berg anfahren, auf die Autobahn auffahren und über die Schnellstraße fahren – und beglückwünschte sie am Ende der Fahrt zur bestanden Prüfung. Sichtlich verdattert konnte Sabine ihr Glück noch nicht fassen, aber sie hatte durch den Trick ihres Fahrlehrers die Fahrprüfung bestanden.

Die Verhaltenstherapeutin, die Sabines Fahrlehrer den Tipp gab, verriet: „Sabine konnte sich durch den Trick des Fahrlehrers an den Beifahrer im Nacken gewöhnen – und hatte sogar Freude daran. Im Grunde ist das eine ganz praktische Anwendung der Verhaltenstherapie gewesen.“ Zugegeben, vor der 3. Runde gleich noch den nächsten Termin für die Fahrstunde auszumachen, um Sabine auch ja nichts vom Prüfer im Ex-Schüler-Kostüm ahnen zu lassen, das hätte die Verhaltenstherapeutin nicht gewagt, aber letztlich war das Wagnis doch von Erfolg gekrönt.

Tipps zur Bewältigung der Prüfungsangst vor der Fahrprüfung

Wer wie Sabine unter Prüfungsangst bei der Fahrprüfung leidet, der hat viele Möglichkeiten, diese mit Disziplin und Geduld erträglich zu gestalten. Die folgenden Tipps können helfen:

Ein guter Kontakt zum Fahrlehrer ist für die Prüfung entscheidend.

  • Wichtig ist ein Vertrauensverhältnis zum Fahrlehrer zu haben. Wenn er Sie zur Prüfung anmelden möchte, vertrauen Sie ihm, dass er davon überzeugt ist, dass Sie die Prüfung auch bestehen. Sprechen Sie etwaige Ängste offen an und bitten Sie um ein spezielles Training der von Ihnen ausgemachten potentiellen Schwachstellen.
  • Nehmen Sie den Prüfungstermin für sich wahr. Via Social Media zu verbreiten, wann Sie sich vor dem Prüfer beweisen müssen, erhöht nur den Leistungsdruck. Haben Sie die Prüfung erst bestanden, bleibt noch genug Zeit, um alle Freude darüber zu informieren.
  • Planen Sie um den Prüfungstermin herum viel Luft Planen Sie, sich rechtzeitig zur Fahrschule aufzumachen. Vielleicht möchten Sie sich ja vorab schon einmal „warmfahren“ und eine letzte Fahrstunde direkt vor der Prüfung absolvieren. Nach der Prüfung sollten Sie sich nicht durch weitere Termine hetzen lassen.
  • Denken Sie immer daran: Der Prüfer weiß, dass Sie Fahranfänger sind und nicht auf jegliche Situation im neu von Ihnen eroberten Straßenverkehr gefasst sein können. Das heißt auch, dass kleine Missgeschicke nicht das Aus bedeuten müssen. Lassen Sie sich nicht aus der Ruhe bringen und vertrauen Sie auf sich selbst.
  • Viel Schlaf und ein gesundes Frühstück helfen dabei, gut in den Tag zu starten – das ist auch am Tag der Prüfung nötig. Beruhigungsmittelchen sind indes nicht empfehlenswert, denn wenn die Dosierung nicht passt, können Sie so leicht zur Verkehrsbehinderung werden.
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